Luis kümmert sich von Haus aus wenig um seine Kinder. Anstrengend sind sie und mit seinen Vorstellungen von Wochenende einfach nicht kompatibel.

Aufgeben möchte er sie dennoch nicht. Dafür sind die beiden Prestigeobjekte zu praktisch. Sie vermitteln anderen, dass er ein wunderbarer Vater sei. Auch seine Freundin Mara glaubt daran, dass die wenige Vater-Kind-Zeit im Helikopter-Charakter von Michelle, der Mutter, begründet liegt. Dass Michelle sogar über den Anwalt gegangen ist, damit Luis seine Kinder überhaupt zuverlässig abholt, weiß Mara nicht. Hinterfragen tut sie das Verhalten von Luis nicht.

Die Ausgangslage ist klar: Jedes dritte Wochenende holt Luis die Kinder ab. Zwei Nächte später sind sie wieder zurück bei Michelle. Unternehmen tun sie in den wenigen Stunden kaum etwas.

Und dann kommt Corona. Ein neuartiger Virus, den niemand einschätzen kann. Von einem Tag auf den anderen werden Schulen und Kindertagesstätten geschlossen, die Kinder müssen zu Hause betreut werden. Ohne Rücksicht auf die Eltern.

Michelle ist auf sich alleine gestellt. Luis fragt nicht einmal, ob er ihr helfen kann. Auch an dem Gesundheitszustand seiner Kinder ist er in all den Wochen nicht einmal interessiert.

Sang- und klanglos setzt er den Umgang aus. Information an Michelle? Fehlanzeige!

So wird Michelle zur Lehrerin, Erzieherin, Sporttrainerin und vielem mehr. Und das alles zusätzlich zu ihrem Job. Ohne Unterstützung.

Luis hingegen macht sich ein schönes Leben. Vielleicht denkt er an seine Kinder, melden tut er sich nicht.

Seinen Kinder aber erzählt er, wie sehr er sie mag und wie wichtig sie für ihn sind. Auch seinem Umfeld schwärmt er von seinen Vaterfreuden vor.

Dass seine große Tochter im Herbst die Schule wechseln wird, weiß er zwar, welche Schule es werden wird, jedoch nicht.
Dass seine kleine Tochter im Herbst die Einrichtung wechseln wird, weiß er nicht.
Dass seine große Tochter eine wichtige Prüfung mit Bravour gemeistert hat, weiß er nicht.
Dass seine kleine Tochter aktuell große Veränderungen durchlebt, weiß er nicht.
Dass seine Kinder ihren Vater vermissen, interessiert ihn nicht.

Michelle fängt alles auf. Sie kümmert sich um ihre Kinder, organisiert alles notwendige und ist da, wann auch immer die beiden Unterstützung benötigen.

Als Dankeschön soll es seitens des Staates einen Zuschuss für jedes Kind geben. Das ist nett. Vor allem für Luis. Denn dieser darf laut aktuellem Stand die Hälfte des Betrages auf den zu zahlenden Unterhalt anrechnen. Für seine grandiose Leistung, sich all die Wochen noch mehr aus dem Leben seiner Kinder zurückzuziehen als er es bislang bereits getan hat.


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