Am Vorabend treiben die Kinder ihre Mutter in den Wahnsinn:
Es ist bereits nach zweiundzwanzig Uhr, als die beiden immer noch fröhlich im Flur toben. Jegliche Ermahnungen, es gab mindestens siebenundzwanzig, werden ignoriert.

Die Mutter explodiert.

Vier hübsche Augen schauen sie entsetzt an. Vier Beine kriechen schnell ins Bett. Zwei Beine stapfen genervt zurück zum Cop-Autor-Duo.

Wenn die beiden jetzt keine Ruhe geben, so droht die Mutter, bleiben sie die ganze Nacht lang wach. Die Hoffnung, dass sie das nicht wollen und endlich mindestens leise sind, im besten Fall schlafen, ist enorm. Denn sie selbst ist so dermaßen müde, dass sie am liebsten sofort schlafen würde.

Ein bisschen wird sie noch wachbleiben. Ihr Puls muss erst wieder in den Normalbereich kommen.

Morgens wird sie sich revanchieren. Sie wird die beiden aus dem Bett schmeißen, ganz ohne das menschliche Snooze zu sein. Vielleicht hüpft sie sogar ein bisschen in den Betten der Kinder. Sie freut sich. Das wird ein Spaß.

Nach dem Aufwachen folgt die maßlose Enttäuschung. Hänsel steht bei der ersten Aufforderung auf und während die Mutter sich ihren Kaffee zubereitet, wacht Gretel von alleine auf. Was ist da los? Welche Mächte sind am Werk? Warum ist ihr der Spaß nicht vergönnt?

Auf dem Heimweg vom Kindergarten überlegt die Mutter kurz, eine große Runde zu radeln. Sie entscheidet sich dagegen. Lieber möchte sie später mit Hänsel fahren.

Der sieht das aber ganz anders. Er hat keine Lust, das Haus zu verlassen. Schlimm genug, dass er noch Pizza und Eis besorgen soll. Viel lieber kaut er seiner Mutter ein Ohr ab.

Er ist, seit dem Termin seiner Mutter vor einigen Tagen, wie ausgewechselt. Er ist entspannt, er ist aufgedreht, er redet viel, er tanzt wie wild durch die Wohnung und spielt der Mutter stundenlang seine liebsten Songs vor. Sie ist sehr glücklich, ihren Sohn so gut gelaunt zu erleben.

Selbst ist sie faul. Den Vormittag verbringt sie auf der Couch und auch der Plan, vor dem Gretel-Abholen noch alleine eine Runde zu radeln, scheitert an der Bequemlichkeit. Wahrscheinlich braucht sie das im Moment, nerven tut es sie dennoch ein wenig.

Dafür steht der Plan für den nächsten Tag bereits. Es wird gewandert. Nicht so weit, nicht so steil, dafür aber sehr schön. Der Tag verspricht aktive Entspannung. Sie freut sich schon sehr.

Nun aber muss sie wirklich los. Im Kindergarten angekommen, meckert Gretel. Sie möchte noch nicht abgeholt werden. Sie hat Hunger. Soeben wollte die Gruppe im Garten Brotzeit machen. Das Versprechen ihrer Mutter, dass sie auch daheim etwas essen darf, befriedigt das kindliche Gemüt nur latent.

Dennoch rennt sie, kaum zu Hause angekommen, mit ihrem Rucksack auf den Balkon und schnabuliert ihre restliche Brotzeit weg. Als alles aufgegessen ist, informiert sie ihren Bruder in einem militärischen Befehlshaberton, er möge ihr jetzt das Eis reichen.

Gutmütig wie der Junge ist, springt er auf und holt Eis, Schüsseln und Löffel, für die Mutter zudem den kaltgestellten Kaffee. Das Mädchen ist hoch erfreut und fordert eine große Portion.

Mit Eis im Bauch verschwinden die Kinder auf die Couch. Sie möchten den frechen Prinzen aus der gut situierten amerikanischen Vorstadt schauen.

Die Mutter bleibt auf dem Balkon zurück. Sie möchte Mord und Totschlag. Hat den Kindern aber ein Kuschelkino für den Abend versprochen. Müssen Mutter und Autor-Cop-Duo wohl noch aufeinander warten.

Aber es kommt mal wieder ganz anders. Statt Familienfilm gibt es eine weitere Fußball-Dokumentation für Hänsel, sprechende Schildkröten für Gretel und immer noch keinen Mord und Totschlag für die Mutter.

Abendessen bekommt die Mutter auch nicht. Hänsel hat keinen Hunger, Gretel nascht sich an Aufschnitt satt und sie selbst ist zu faul aufzustehen. Der Hungertod wird sie heute wohl nicht ereilen, wie ein Blick auf ihren Bauch verrät.

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