Es ist später, deutlich später als üblich, als die Mutter an diesem Morgen ihre Augen öffnet. Der Blick auf die Uhr verrät, das Hänsel bereits in der Schule sein müsste.

Die beiden vereinbarten gestern, dass es der mütterlichen Genesung zuträglich wäre, wenn der geprellte Körper Schlaf bekommt und nicht von Weckerklingeln geweckt würde.

Nun liegt sie in ihrem Bett, die Türen sind alle geschlossen. In der Wohnung herrscht absolute Ruhe. Zum Fenster dringen die Geräusche der Straße hinein. Ist Hänsel wie vereinbart in der Schule? Oder wird die Mutter ihn in seinem Zimmer vorfinden, wenn sie aufsteht?

Sie ist unruhig. Auf der einen Seite weiß sie, dass sie ihm vertrauen kann. Auf der anderen Seite ist der Junge gerne etwas planlos.

Langsam steht sie auf und geht ins Kinderzimmer. Das Bett ist leer. Ein Stein fällt ihr vom Herzen.

Beruhigt und stolz, dass ihr Sohn das ganz alleine hinbekommen hat, lässt sie die Maschine einen Kaffee zubereiten. Mit diesem geht sie auf die Couch. Draußen scheint die Sonne. Das wäre noch zu viel für Ihren Kopf, befürchtet sie.

Das Handy klingelt. Eine Nachricht ihrer Schwester besagt, dass auch bei Gretel alles gut gegangen ist. Das kleine Mädchen wollte in der Nacht einmal kurz nach Hause, in der Früh aber ist sie schon wieder vergnügt.

Ein ruhiger Vormittag beginnt. Die Mutter schließt nochmals ihre Augen. Dabei überlegt sie, wann Gretel wohl ihr zum Geburtstag erhaltenes Mountainbike endlich einweihen können wird. Die kleine fragt täglich nach, die Erlaubnis vom Orthopäden liegt nun vor. Lediglich der Kopf und ihre allgemeine Schwäche halten die Mutter nun noch ab, ihrer Tochter diesen Wunsch zu erfüllen.

Hänsel kommt nach der Schule kurz nach Hause. Nach den Hausaufgaben ist er mit einem Freund verabredet. Fast zeitgleich mit Gretel, die den Nachmittag wieder bei der Oma verbracht hat, kommt der Junge abends nach Hause.

Hungrig stürmt er in die Küche. Obstpizza soll es werden.

Während diese aus dem Ofen heraus einen herrlichen Geruch in der Wohnung verteilt, erzählt Gretel der Mutter von ihren Erlebnissen des letzten Tages. Auch das Mädchen freut sich sehr über das Schienen-freie Bein der Mutter. Außerdem, so stellt die kleine fest, sieht die Mutter auch im Gesicht fast wieder aus wie immer. Glücklich nimmt sie ihre Mutter in den Arm.

Die Pizza ist fertig. Die drei kuscheln sich auf die Couch und gönnen sich zwei Folgen der kochbuchlesenden Hexen. Für die Mutter gibt es ein eiskaltes Bier dazu.

Coaching empfehlen