Aufgeregt wacht die Mutter auf. Sie hat ein spannendes Wochenende, mit unglaublich viel Input und wahrscheinlich ein bisschen apokalyptischer Gedanken-Katastrophe, vor sich. Freuen tut sie sich sehr darauf. Respekt hat sie ebenfalls. Denn dieses Wochenende kann, in vielerlei Hinsicht, wegweisend für sie und damit die gesamte kleine Familie sein.

Während die Kinder hunderte von Kilometer weit entfernt erneut den ganzen Tag ins Wasser hüpfen, nimmt die Mutter später ihre Sachen und steigt ins Auto. Auch vor der Fahrt hat sie Respekt. Da sie nicht weiß, wie ihr Kopf mitmacht, hat sie vorgesorgt. Auch ist ausreichend Zeit eingeplant, damit sie entspannt im Hotel einchecken und sich vor Beginn des Termins noch frisch machen kann.

Überzeugt davon, dass es ihr gut tun wird, behält sie erst einmal für sich, worum es sich bei diesem Wochenende handelt.

Nun aber startet sie in den Tag. Ein bisschen in den sozialen Netzwerken surfen, ein bisschen Kaffee trinken und sich sehr über die, zugegebenermaßen sehr kurze, Nachricht ihres Sohnes freuen. Die Uhrzeit, zu der er sie gesendet hat, verrät ihr, dass er inzwischen schon am, eher wohl im, Pool sein wird. Seine Schwester könnte noch schlafen.

Mit den Gedanken an die Kinder sitzt sie auf dem Balkon. Es gibt Himbeereis zum Frühstück, dazu einen Kaffee. Die Aufregung steigt. Sie freut sich so sehr auf das Wochenende und die Veränderungen, die daraus realisieren können. Außerdem wird ihr der Tapetenwechsel gut tun.

Auf der Autobahn kommt sie relativ gut durch, jedoch dauert die Parkplatzsuche direkt in der Innenstadt doch eine Weile. Bis sie erfährt, dass das Hotel auch Parkplätze anbietet, vergehen etwa zwanzig Minuten. Dann aber steht ihr kleines Baby direkt unter ihrem Balkon und wenn sie sich nicht total vertut, dann auch dauerhaft im Schatten. Zum Seminar wird sie zu Fuß gehen, vorher muss sie noch einen Block und Kaffee besorgen.

Bei strahlendem Sonnenschein und einer Hitze, die ihr viel zu viel ist, begibt sie sich zum Einkaufszentrum. Das kennt sie, hier hat sie früher schon häufig und gerne Zeit verbracht.

Die Suche nach Kaffee ist schnell beendet, die nach einem Schreibblock gestaltet sich schwierig. Und führt über die Einkäufe zweier Bücher. Eines, um ihren abendlichen Drang nach Mord und Totschlag zu stillen – sie kennt das reguläre Fernsehprogramm nicht und möchte nicht auf einen spannenden Thriller verzichten. Auf dem Handy oder dem mitgebrachten Laptop wird sie jedoch nicht schauen. Also wird ihre Lieblingsautorin finanziell unterstützt und abends die tägliche Dosis Crime gelesen. Das andere Buch wird nicht so eine Freude auslösen, wenn sie es dem Empfänger überreichen wird. Aber das ist ok, er wird damit leben müssen.

Viel zu früh und dennoch nicht als erste kommt sie bei ihrem Seminar an. Eine Klimaanlage weist das Haus nicht auf, immerhin aber darf sie am Platz die Maske abnehmen, die ihr, zusätzlich zur Außentemperatur, erhebliche Schweißausbrüche bereitet.

Ein Blick auf ihr Handy bestätigt, was sie schon vermutet hat: Die Kinder verbringen den Tag im Wasser. Da sie nun weiß, dass es den beiden gut geht, kann sie sich sorglos auf ihr Seminar konzentrieren.

Sie ist gespannt. Noch sitzen alle an ihren Plätzen und beschäftigen sich für sich. Doch gleich fällt der Startschuss. Auf die letzte Teilnehmerin wird noch gewartet. Sie kommt nicht mehr.

So startet die Gruppe zu fünft plus Dozentin. Wie angenommen geht es gleich ans Eingemachte. Gut so, die Mutter möchte nach dem Wochenende Resultate sehen.

Nach vier Stunden Seminar, oder besser Workshop, ist Feierabend. Die Mutter zieht sich um und macht sich auf den Weg in die Innenstadt.

Eigentlich hat sie Hunger, möchte sich in ein Lokal setzen und ihren Thriller beginnen zu lesen. Stattdessen läuft sie einfach weiter. Und weiter. Immer weiter. Zwischendurch macht sie ein paar Fotos, vorwiegend aber ist sie in Gedanken. Und Erinnerungen.

Vor vielen Jahren wohnten sie und Hänsel in dieser Stadt. Heute fällt ihr auf, was ihr hier, damals wie heute, so gut gefällt.

Anstatt etwas zu essen zu bekommen, wird sie zum Abendessen. Gefühlte tausend Mückenstiche bewegen sie zum Rückweg.

Eine Sprachnachricht von Hänsel bildet einen wunderbaren Abschluss dieses Tages.

Morgen früh geht’s weiter. Wo sie ihren Kaffee bekommt, weiß sie.

Nun kuschelt sie sich ins Bett und beginnt mit ihrem Buch. Beim Lesen des Klappentextes fällt ihr auf, dass die Protagonistin den Beruf ausübt, den sie selbst gerne erlernt hätte. Zufall?

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