Der Tag beginnt eine Stunde früher als sonst. Nicht zwingend wegen der Zeitumstellung, sondern einfach, weil die Mutter nicht mehr schlafen kann. Im Gegenzug schlafen die Kinder gleich mal eine Stunde länger als gewohnt. Ausgleichende Gerechtigkeit, Karma – wie auch immer man es nennen mag.

Während die Kinder noch friedlich und unglaublich süß aussehend schlafen, fasst die Mutter einen Plan: Sie möchte joggen gehen. Alleine. Mit ganz lauter Musik auf den Ohren. Dumm nur, dass sie schon seit etwa einem Dreivierteljahr nicht mehr laufen war und die Kondition eines Walrosses haben wird. Aber immerhin kommt sie noch in die Laufhose rein. Knapp, aber es geht.

Langsam wachen die Kinder auf. Während sich das Mädchen kuschelbedürftig in die Arme der Mutter schmiegt, verschwindet der Junge, um das mütterliche Lebenselixier zuzubereiten und sich anschließend zu seinen Mädels zu gesellen. Ein optimaler Zeitpunkt, den Plan zu verkünden.

Statt auch nur mal nachzufragen, warum sie denn nicht mitdürfen, freuen sich die Kinder lautstark über die Entscheidung und darauf, dass sie die Mutter endlich einmal los sind. Aussagen wie „ich weiß nicht, wie fit ich bin, es kann sein, dass ich schon in zwanzig Minuten wieder da bin“ werden von den Kindern hingegen weniger begrüßt. Freundlich, aber bestimmt wird die traurige Mutter von den beiden zur Haustür begleitet. Sie sind bestimmt nur darauf bedacht, dass sie den Weg auch findet und begleiten sie nicht, um sicherzustellen, dass sie auch wirklich geht.

Etwa eine Stunde, eine nette Unterhaltung, fünf Kilometer und eine gar nicht so schlechte Pace (zumindest im Vergleich zu ihrer miserablen Pace der letzten Jahre) später freut sich die Mutter auf ihren zweiten Kaffee. Die Freude auf der Seite der Kinder hält sich in Grenzen, dennoch bringen sie ihr einen gemeinschaftlich zubereiteten Kaffee. Was das heißt und wie die Küche aussieht, möchte die Mutter lieber nicht wissen.

Das eher grausige Wetter lässt die eigentlich für den Nachmittag angedachte Radltour platzen. Entschlossen diskutiert das Mädchen, dass sie sich ja in den Fahrradanhänger setzen kann, da ist es trocken und mit Decke auch warm, außerdem muss sie so nicht radeln und die Bikes von Mutter und Bruder sind ja eh für das Fahren im Wald gemacht, also macht es auch nichts, dass es regnet. Erfolgreich ist sie mit dieser Argumentationskette nicht. Stattdessen schlägt die Mutter vor, etwas zu spielen. Die ernüchternde Antwort der Tochter „ich spiel ja schon mit meinen Barbies“ tut irgendwie weh. Und macht ein wenig stolz. Immerhin schreit der Sohn nach Monopoly. Mal sehen, wie das drei Stunden, eine reiche Mutter und einen abgezockten Sohn später aussehen wird.


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