Nachdem der gestrige Tag so ganz anders verlief als geplant, für den Geschmack und das Nervenkostüm der Mutter auch ein wenig zu viele schlechte Nachrichten bereithielt, startet der heutige entspannt.

Zumindest um sieben Uhr ist die Welt noch in Ordnung.

Vormittags trinkt die Mutter literweise Kaffee und arbeitet entspannt ihre to-dos ab, bis der Telefon-Marathon beginnt. Der Plan, um dreizehn Uhr Feierabend zu machen, scheitert jämmerlich. Zwei Stunden später als geplant hat sie es dann endlich geschafft.

Hoffnungsvoll macht sie sich auf den Weg in das Zimmer ihres Sohnes. Abgesprochen war, dass er während ihrer Arbeitszeit fünf Blätter für die Schule erledigt und sein Zimmer aufräumt.

Beschwerlich ist die Kinderzimmertür zu öffnen, der Mutter schwant nichts Gutes. Zweifelnd, ob sie nicht einfach ihre Sachen packen und ausziehen soll, öffnet sie die Tür dann doch so weit, bis sie die beiden Kinder sieht. Spielend. Im Chaos.

Schlagartig verlassen von sämtlich bis dato noch übrig gebliebenen Nerven rastet sie aus. In einer Mischung aus Verzweiflung und Enttäuschung schreiend tut sie dem Sohn kund, dass er sie mal gehörig am Allerwertesten kratzen kann und sie jetzt gehen wird. Allein. Weg. Weit weg.

Er freut sich, was er lauthals und für das gesamte Mehrfamilienhaus zu hören die Mutter auch wissen lässt. Ebenso wissen nun alle, dass die Mutter eh voll schei*e ist, sowieso total gemein und gerne für immer wegbleiben kann.

Wie sehr auch sie sich das in diesem Moment wünscht, ahnt das tobende Rumpelstilzchen nicht.

Seine Schwester aber hat Angst. Angst, dass die Mutter tatsächlich nicht mehr wiederkommt, weswegen sie bitte mitkommen möchte.

Gemeinsam verlassen die Mädels, sehr zur Freude des Rumpelstilzchens, die Wohnung. Seine Hoffnung, dass sie ganz lange weg bleiben wird ebenso jäh zerstört wie die Hoffnung der Mutter, dass bei der Rückkehr sowohl Aufgaben als auch Zimmer fertig sind. Krieg der Welten.

Während die kindliche Welt sich bemitleidet und davon ausgeht, dass es keinem anderen Kind auf der Welt schlechter geht als ihm, geht die Mutter mit dem Mädchen Milchreis kochen. Tatsächlich kocht das Mädchen, und die Mutter steht Schokolade essend daneben. Im Anschluss möchte die Kleine unbedingt die Küche putzen. Die Mutter hält sie nicht davon ab. Auch nicht, als sie danach noch Badezimmer und Toilette wischen möchte. So langsam gewöhnt sich die Mutter an dieses Exemplar, hoffentlich bleibt es ihr erhalten.

Zum Abendessen sind alle Räume, ausgenommen des Fußballzimmers, aufgeräumt. Die Mutter ist sprachlos.

Tochterkind möchte sich nun die Fingernägel lackieren. Darf sie und so stellt ihr die Mutter die Kiste mit den verschiedenen Farben hin. Der Sohn kommt hinzu und natürlich fragt das aufmerksame Mädchen, ob auch er Nagellack möchte. Großkotzig antwortet er, dass er gerne die Deutschlandfarben möchte. Da hätte er seine Mutter besser kennen müssen, denn selbstverständlich kann sie mit allen drei Farben dienen.

Er findet gelb nicht, sieht es aber gar nicht ein, seine Mutter um Hilfe zu bitten. So wird eben nur in rot und schwarz lackiert. Die Schwester gibt konkrete Anweisungen, wie er vorzugehen hat und überhaupt, eigentlich macht der das alles vollkommen falsch.

Während die Kinder noch fachsimpeln, dass sich selbst die rechte Hand zu lackieren schon schwieriger ist als die linke, sitzt die Mutter daneben und schaut sehnsüchtig dem Sekundenzeiger der Uhr hinterher. Warum vergeht die Zeit so unglaublich langsam? Warum ist es noch nicht einmal neunzehn Uhr? Warum ist es noch so wahnsinnig hell draußen und warum kann nicht schon Schlafenszeit sein? Für die Kinder, versteht sich, denn sie selbst könnte vom Stuhl rutschen und einschlafen.

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