Der Wecker klingelt. Zumindest bei Hänsel im Zimmer. Verschlafen sucht die Mutter ihren. Hat sie diesen etwa überhört?

Ein Blick auf die Uhr verrät ihr: Es ist zwei Uhr. Nachts.

Noch bevor sie wütend werden kann, vernimmt sie ein Tapsen. Schlaftrunken kommt Gretel zu ihr herüber. Sie kuschelt sich in den Arm der Mutter, deckt sich zu und schläft friedlich weiter.

Die Mutter würde auch gerne schlafen. Doch sie kann nicht. Sie ist genervt. Viel zu oft klingelt Hänsels Wecker zu völlig absurden Zeiten. So oft hat sie es ihm schon gesagt, dass er darauf achten muss.

Irgendwann schläft sie doch wieder ein.

Als ihr Wecker schließlich klingelt, ist ihre Wut nicht verflogen. Im Gegenteil. Sie hat sich in Kopfschmerzen manifestiert.

Die Mutter weckt ihren Sohn. Gar nicht liebevoll, sondern angenervt.

Hänsel versteht die Welt nicht mehr. Er weiß nicht, was los ist, an ein Weckerklingeln mitten in der Nacht kann er sich nicht erinnern.

Völlig übermüdet droht die Mutter ihrem Sohn. Sollte das noch einmal passieren, wird sie alle elektronischen Geräte, die in der Lage sind, einen unerwarteten – einen für die Mutter unerwarteten Ton – zu unchristlichen Zeiten abzuspielen, aus dem Prä-Pubertier-Zimme5lr entfernen.

Prä-Pubertier? Vielleicht ist das „prä“ gar nicht mehr korrekt? Vielleicht befindet sich der Junge schon inmitten der Pubertät und niemand möchte es wahrhaben?

Unsanft wird die Mutter aus ihren Gedanken gerissen. In wenigen Minuten wird Hänsels Freund vor der Tür stehen. Hänsel ist, wie jeden Tag, noch nicht fertig.

Vom Genervtsein der Mutter ist nun auch der Junge genervt. Das äußert sich, indem er mit einem von weit weg gelangweilt gerufenen „ciao“ die Wohnung verlässt. Kein Küsschen, kein in den Arm nehmen.

Bämm. Beweisführung abgeschlossen. Auf das „prä“ kann künftig verzichtet werden.

Nachmittags sind die Mädels auf dem Spielplatz. Während Gretel mit einer Freundin spielt, hat die Mutter mal wieder einen Termin vergessen. Kopfhörer hat sie dabei, die Kinder können auch ohne sie toben. Hänsel weiß Bescheid, vielleicht kommt er später noch rüber.

Er kommt nicht. Stattdessen musste er ein weiteres Mal sein Fahrrad von der Schule heim schieben. Die Mutter ist genervt. Gemeinsam pumpen sie den Reifen auf und schmieden einen Plan B für den morgigen Tag, falls erneut ein Loch im Reifen sollte. Ist tatsächlich manuell die Luft herausgelassen worden, wie Hänsel von einem Freund gehört hat, wird sich die Mutter etwas anderes einfallen lassen müssen.

Hänsel baut ein weiteres Geburtstagsgeschenk zusammen. Vielleicht hat er ein bisschen Hilfe seiner Mutter, anschließend probiert der künftige Stuntboy sein neuestes Spielzeug direkt aus.

Gretel möchte nicht mit. Sie bleibt lieber bei der Mutter. Dort gibt es Kaubonbons. Und Geschichte. Und Kuscheln.


Coaching empfehlen