Sie wacht mich einem komischen Gefühl auf. Nach einer kurzen Orientierungsphase stellt sie fest: Sie liegt allein in ihrem Bett. Daran ist die Mutter nicht gewöhnt, weswegen das Gefühl sie irritiert.

In Gedanken versunken steht sie auf und weckt Gretel. In ihrem Bett. Wie lange ist das her, dass das Mädchen morgens in ihrem eigenen Zimmer aufgewacht ist, wenn sie in der Früh los mussten?

Während Gretel noch aufwacht, sitzt die Mutter mit Kaffee am Esstisch. Als das Mädchen zu ihr kommt, unterhalten sich die beiden kurz, machen Quatsch und anschließend startklar.

Einladend sieht es draußen auch heute nicht aus. Ein typischer Novembertag. Macht aber nichts, die to Do Liste der Mutter für den heutigen Tag ist umfangreich.

Vom Kindergarten wieder zurück beginnt sie gleich, ihre Aufgaben abzuarbeiten. Bis das Telefon klingelt. Sie möge ihren Sohn bitte abholen kommen.

Der Junge bot an, einkaufen zu gehen. Dankbar hat die Mutter zugestimmt und bereut diese Entscheidung nun zutiefst. Hänsel hat unterwegs ordentlich was angestellt, die Konsequenzen wird er in den nächsten Wochen noch zu spüren bekommen. Die Mutter ist fassungslos.

Enttäuscht erteilt sie ihrem Sohn Hausaufgaben. Ob die Klasse die Themen bereits durchgenommen hat, ist in diesem Moment für sie irrelevant. Unkonzentriert macht sie sich wieder an ihre Erledigungen. Gerne würde sie sich schon jetzt einen Sekt öffnen. Da ihrer aber weiterhin alkoholfrei ist, hätte er sowieso nicht die erwünschte Wirkung, weswegen sie den Weg in die Garage nicht vornimmt.

Später, als sie Gretel abholt, denkt sie nicht mehr an den Sekt. Die beiden waren noch gemeinsam etwas erledigen und haben zufällig die Großeltern getroffen. Mit denen quatschend spazieren sie heim.

Kurz vor der Haustür beginnt das Mädchen zu weinen. Ihr ist kalt. Also eilen die zwei schnell in die Wohnung, um die kleinen Mädchenhände zu wärmen.

Keine Zeit für Kellersekt.

Hänsel ärgert die Mutter erneut. Entgegen der Absprache hat er weder gelernt, noch aufgeräumt. Er versichert, die Matheaufgaben im Kopf gerechnet und außerdem Englischvokabeln gelernt zu haben. Beim Abfragen stellt sich schnell raus: hat er nicht.

Es klingelt. Aufgeregt hüpft Gretel zur Tür. Endlich! Die Adventskalender sind da! Überglücklich tanzt die Kleine singend durch die Zimmer.

Die Krankmeldung von Hänsel, die die Mutter benötigt, ist hingegen nicht eingetroffen. Morgen wird sie nachfragen, denn die Symptome sind laut Hänsel immer noch vorhanden.

Der Abend ist noch jung, die Mutter aber genervt. Sie möchte ihren Sohn für diesen Tag eigentlich gar nicht mehr sehen. Mehrmals hat sie versucht, über seine Aktion am Vormittag zu sprechen, jedes Mal ohne Erfolg. Ihre Enttäuschung kann sie nicht verbergen.

Das weiß der Junge auch. Er reizt die Grenzen seiner Mutter dennoch weiter aus. Bleibt zu hoffen, dass ihr nicht noch andere Dinge einfallen, als ihn die gesamte Wohnung – inklusive des Mädchenzimmers – aufräumen und putzen zu lassen.

Sie bittet Gretel, sich bettfertig zu machen. Im Anschluss darf sie noch spielen, bevor es pünktlich zur Schlafenszeit ins Bett geht. Hänsel geht schlafen, wenn seine Aufgaben erledigt sind. Wie es aussieht, wird das dauern. Daher schließt die Mutter ihre Tür und dreht die Lautstärke ihres Fernsehers hoch. Vielleicht schickt sie ihn noch Sekt aus dem Keller holen.


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