Verwirrt tastet die Mutter im Morgengrauen neben sich. Nicht da. Keine Gretel, die friedlich neben ihr schlummert.

Der erste Versuch, ihre schweren Augen zu öffnen, missglückt. Wie heißt es so schön, thank god it’s friday – zum Glück ist es Freitag. Morgen wird sie Ausschlafen können.

Heute aber muss die Mutter noch überstehen. Nachmittags wird Gretels Freundin zu Besuch sein. Schlafen fällt daher für die Mutter aus.

Wahrscheinlich aber ist sie in wenigen Stunden sowie wach und fit bis nach Mitternacht.

Den heutigen Spaziergang absolviert die Mutter nicht allein. Spontan schließt sich eine Freundin an, spontan werden aus einer Stunde zwei.

Entspannt, aber durchgefroren kommt die Mutter zurück. Ein heißer Kaffee wird sie wärmen. Außerdem die Kuscheldecke.

Den Tag lässt sie ruhig angehen, bis Hänsel sie aus der Bahn wirft. Bestens gelaunt und wild plappernd kommt der Junge heim. So kennt sie ihren Sohn gar nicht! So findet sie ihren Sohn trotzdem toll.

Die beiden besprechen den Nachmittag. Gretel bekommt Freundinnen-Besuch, da bietet die Mutter ihrem Sohn an, das Haus verlassen zu dürfen. Möchte er aber nicht. Er bleibt auch bei der Meinung, als der Opa ihm anbietet, den Nachmittag bei den Großeltern zu verbringen.

Gretel ist indes ganz aufgeregt. Wann denn Freundin nun endlich da ist und wie lange denn ein paar Minuten so dauern können. Diese Minuten nutzt das Mädchen, um Alexa ihre Musikwünsche mitzuteilen.

Erst sind es Kinderlieder, später Gigi D’Agostino. Glücklich nascht die Kleine die Reste ihrer Brotzeit. An den Lebkuchen-Spekulatius-Teller in der Küche, den die Mutter für die Mädels vorbereitet hat, vergisst sie offensichtlich.

Genauso wie Hänsel seinen Küchen-Deal mit der Mutter vergessen hat. Wird ihn noch teuer zu stehen kommen.

Als die Freundin endlich klingelt, kann sich Gretel kaum halten vor Freude. So lange haben sich die Mädels nicht mehr gesehen, so sehr hat sie ihre Freundin vermisst. Und ihre Freundin sie.

Hänsel verschanzt sich in der Küche. Er ist schon jetzt genervt. Wahrscheinlich mehr von der Pubertät als von dem ausgebauten Mädels-Überschuss, denn die Freundinnen bleiben wie vereinbart im Kinderzimmer.

Außer, sie wollen der Mutter was erzählen. Dann stehen sie vor ihr wie die Großen und plappern drauf los. Herrlich anzusehen, mitunter schwierig anzuhören.

Der Gast bleibt zum Abendessen. Pizza wird es geben. Und da ist sie wieder, die allesumfassende Diskussion, ob Ananas nun dazu gehöre oder nicht. Wohlwissend, dass ihre Tochter ein Stück mit Ananas und der Gast ohne bekommt, ignoriert die Mutter das Gespräch der beiden Halbwüchsigen und widmet sich ebenfalls Lebkuchen und Spekulatius.

Etwa eine Wochenration Kalorien später leidet sie am Schreibtisch. Dort sitzt sie, weil sie die Befürchtung hat, von der Couch nicht wieder hochzukommen. Die einzige Bewegung ist der Daumen zum Scrollen durch soziale Netzwerke.

Die Mädels bereiten die Pizza vor. Während diese im Ofen lecker wird, hört sie Mutter die beiden philosophieren. Aussagen wie „ich liebe mein Leben“ amüsieren die Frau.

Auch noch als der Gast gegangen ist, toben die Kinder durchs Wohnzimmer. Kuschelkino wollen sie heute offensichtlich nicht. Gut für die Mutter, sie kann weiter futternd am Tisch sitzen und muss sich nicht bewegen.

Doch sie hat sich zu früh gefreut. Sie schwingt ihren vollen Bauch also auf die Couch und wird dort liegen und sich nicht bewegen.


Coaching empfehlen