Die gestrigen Informationen zur aktuellen Lage und die daraus resultierenden Änderungen treffen die Mutter härter als sie dachte.

Sie tauscht sich mit anderen aus. Kollegen, Freunden, anderen Eltern. Fassungslosigkeit und Hilflosigkeit machen sich in ihr breit. Von ihrem eigentlichen Optimismus ist für diesen Abend nicht viel übrig. Laufen, sie muss laufen. Am liebsten würde sie weglaufen, joggen tut es auch erst einmal.

Wieder daheim, wird ein Sekt geöffnet. Immer noch alkoholfrei, aber so zuckerhaltig, dass sie auch Schokolade hätte essen können.

Am Morgen klingelt der Wecker. Unmotiviert und lethargisch steht die Mutter auf und setzt sich an den Rechner. Was sie aktuell bearbeitet, kommt ihr vor wie eine Farce. Trotz Sonnenschein im Gesicht und Musik auf den Ohren ist ihre Laune weiterhin semigut.

Im Laufe des Vormittags hört sie ihre Kinder spielen. Gretel schreit ihren Bruder an „Ich bin ein Drache (faucht) und du (zeigt auf ihren Bruder und guckt bedrohlich) stehst auf der Speisekarte“. Die beiden haben Spaß. Die Mutter lächelt.

Ein überflüssiges Meeting und ein erheiterndes Telefonat später informiert die Mutter ihre Kinder, dass die mit Spannung erwartete Pressekonferenz in wenigen Minuten beginnen wird. Hänsel fragt besorgt, ob er zur Nervenstabilität seiner Mutter noch einen Kaffee machen soll. Lächelnd, weil er ihren Humor hat und stolz, weil er ein Wort wie Nervenstabilität kennt, bejaht sie.

Nur wenige Minuten später wünscht sie sich, dass er ihr Bier statt Kaffee gebracht hätte. Die Informationen, die sie nun hört, treiben ihr die Tränen in die Augen. Verzweiflung macht sich breit. Es klingt so, als wäre es unrealistisch, dass Gretel dieses Schuljahr noch mal in den Kindergarten könne. Und auch bei Hänsel ist es eine sehr schwammige Aussage. El Presidente hofft, dass alle Schulklassen bis zum Ende des Schuljahres wieder die Schulen besuchen können. „Ja, mein Lieber, das hoffen die Eltern auch.“

Das anschließende Gespräch mit ihrer Chefin verläuft ähnlich schwammig. War es erst notwendig, dass heute unbedingt alle Informationen verarbeitet und verbreitet werden, darf es nun auch gerne bis zum Wochenende dauern. Sie soll dennoch eine Spätschicht einlegen.
Die Mutter schnappt die Kinder und geht raus. Frische Luft und Bewegung sollen gut sein gegen schlechte Laune.

Dem ist auch so. Ob es nur an der frischen Luft und der Bewegung oder an der Begleiterscheinung lag, eigentlich kommt die Mutter relativ entspannt nach Hause. Sogar ihre abendliche Joggingrunde lässt sie ausfallen.

Der Deal lautet: Die Mutter bereitet das Essen vor. Während das im Ofen backt, arbeitet sie noch eine Stunde und die Kinder räumen die Küche auf.

Die Realität sieht so aus, dass die Mutter das Essen vorbereitet. Während es im Ofen backt, versucht sie zu arbeiten, die Kinder streiten sich indes in der Küche. Hänsel stolpert gegen den Staubsauger. Gretel kommt aufgeregt zur Mutter gerannt, Hänsel sei verletzt, der Fuß blutet und überhaupt sei alles ganz dramatisch. Natürlich war es das nicht, dennoch jammert er zwanzig Minuten lang ganz fürchterlich. Die Mutter versucht zu arbeiten. Als der Ofen fünfundvierzig Minuten später kundtut, dass das Essen fertig ist, ist es draußen bereits dunkel. Und die Küche sieht aus wie vor einer Stunde.

Die gute Laune ist auf allen Seiten dahin. Die Kinder verschwinden Türen knallend in ihren Zimmern, die Mutter macht ihre Arbeit fertig und freut sich auf Bier, Couch und Serie.

Morgen wird sie die beiden im Wald aussetzen. Ganz bestimmt.





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