Der gestrige Tag lief wie geplant. Als die Sonne langsam beginnt unterzugehen, fahren die drei nach Hause. Hänsel kocht Nudeln, Gretel sucht die Fernbedienung, die Mutter trinkt Bier und freut sich über die Freundschaften, die ihr an diesem Abend beistehen. Wieder einmal schläft sie als erste ein.

Und ist heute als erstes wach. Jemand, wahrscheinlich sie selber, hat den Klingelton ihres Weckers verstellt. Statt Alice Peacock wird sie von einem grauenvollen Piiiiiiiiiep geweckt. Seltsamerweise nervt sie dieser Ton zwar, aber die Laune ist dennoch ok. Offenbar hat sie gestern viel von der Negativität herausgeweint.

Die Kinder schlafen noch. Sie haben gestern offensichtlich vergessen, sich den Schlafanzug anzuziehen. Zumindest Gretel liegt in den Klamotten des Vortags im Bett der Mutter und träumt süß. Hänsel ist in seinem Zimmer und dort möchte ihn die Mutter nicht stören.

Er hätte gestern Abend noch seinen Vater anrufen sollen. Mehrfach hat die Mutter ihn daran erinnert. Da ihr Sohn aber ähnlich ungern telefoniert wie sie, geht sie davon aus, dass kein Telefonat stattgefunden hat. Die Anruferliste seines Handys bestätigt diesen Gedanken. Allerdings ist dort auch keine Nachricht des Vaters, weswegen sie beschließt, dass es nicht wichtig war. Wahrscheinlich wollte er mitteilen, dass Hänsel heute wieder mit ihm ins Büro fahren soll. Planen war noch nie sein Ding. Spontanität allerdings ist nichts für Hänsel. Es könnte durchaus spannend werden.

Einige Telefonate, viele Mails und eine befreiende, Nachricht später ist der Arbeitstag schon fast vorüber. Wirklich etwas erledigt hat die Mutter ihrem Gefühl nach zu urteilen nicht.

Es klingelt an der Tür. Die Oma möchte ihren Enkeln beim Aufräumen ihrer Zimmer unterstützen. Ohne zu wissen, worauf sie sich da einlässt, wird sie von den beiden in die Wohnung gezogen. Statt der Zimmer wird erst einmal die Küche in Ordnung gebracht. Dass die Kinder das schon längst erledigt haben wollten, verraten sie der Oma nicht.

Die Mutter arbeitet währenddessen weiter. Konzentriert ist etwas anderes, aber da müssen die Aufgaben jetzt durch.

Nachdem die Oma mit Hänsel noch Essen zubereitet hat, geht sie nach Hause. Die Mutter möchte raus. Gretel auch. Hänsel nicht.

Die Mädels gehen eine Runde spazieren. Gretel gibt mit ihrem Roller den Weg vor, die Mutter zu Fuß das Tempo.
Sie spazieren vorbei an Geschäften, die heute den ersten Tag wieder geöffnet haben dürfen. Die Atmosphäre ist irgendwie unheimlich. Überall Menschen mit Masken, überall Absperrbänder, Security und Leute, die böse schauen. Entspanntes Spazieren gehen ist etwas anderes. Erst recht, als Gretel den Weg zum Juwelier bestimmt, weil das Schaufenster dort so schön glitzert und glänzt. Dann machen sie eben eine Pause. Um den Kopf frei zu bekommen, wird am Abend daher wohl eine Joggingrunde notwendig werden. Hänsel möchte wieder Nudeln kochen, trifft sich ausgezeichnet.

Als sie wieder nach Hause kommen, hat Hänsel immer noch schlechte Laune. Dass es an seinem vollgemüllten Zimmer liegt, wie die Mutter vermutet, verneint er. Ist aber auch egal. Tür zu, Kind, schlechte Laune und Müll dahinter.

Zielgerichtet steuert die Mutter auf den Kühlschrank zu. Viel zu essen ist nicht mehr da, Bier schon. Nun eines weniger. Vielleicht fällt das Joggen nachher doch aus. Prioritäten sind wichtig. Ihre für heute klar.

Sie sitzt auf dem Balkon, mit Bier und einem intensiven Gespräch mit einer Freundin. Der Austausch tut ihr gut. Der Freundin hoffentlich auch.

Die Kinder sind in ihren Zimmern und spielen. Wahrscheinlich. Der Opa bittet darum, dass Hänsel kurz vorbeikommen möge. Die Erleichterung ist dem Jungen ins Gesicht geschrieben. Fröhlich läuft er rüber und holt den Roller seiner Schwester ab. Diese ist ebenfalls erfreut, dass sie nun wieder mit ihrem eigenen fahren kann und nicht mehr einen von ihrem Bruder ausleihen muss.

Gretel futtert. Die Mutter trinkt Bier. Alle sind happy. Irgendwie.





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