Nach etwa vier Stunden Schlaf wacht die Mutter auf. Die Kinder haben gestern Abend nur Mist im Kopf gehabt. Toben, hüpfen, schreien. Auch nach mehrmaligem Ermahnen, dass nun endlich Schluss sei, kamen immer wieder neue Streitereien aus dem Kinderzimmer. Die Mutter flippt aus. Um halb zwei in der Nacht.

Nun schlafen die Kinder. Und schlafen. Und schlafen. Die Mutter arbeitet. Und trinkt Kaffee. Und trinkt Kaffee. Sie ist müde. Sie ist genervt. Sie ist unmotiviert. Gleich in der Früh hat sie eine Information erhalten, die ihr nachhaltig die Laune verdirbt.

Es wird nicht besser, als sie vormittags ihren Call unterbricht, um Hänsel zu wecken. Sein Videochat beginnt heute um die gleiche Uhrzeit wie jeden Tag. Er soll vorher etwas trinken und wach werden. Das Bedürfnis nach Frühstück ist bei keinem der dreien ausgeprägt. Die Mutter erinnert ihn an seine Aufgabe und verlässt sich drauf, dass er seinen Call rechtzeitig beginnt und geht zurück zu ihrem.

Nachdem sie diesen beendet hat, möchte sie von ihrem Sohn wissen, was die Lehrerin gesagt hat. Doch das arme Hascherl wusste nicht mehr, wann er hätte anrufen sollen. Eine halbe Stunde mit lauter elektronischen Geräten um ihn herum, die ihn durchaus hätten erinnern können, ist einfach zu viel verlangt. Statt am Call teilzunehmen, hat der Junge daher am Handy gespielt. Das Donnerwetter der Mutter kommt überraschend für ihn. Sie hat keine Lust mehr. Sie verlässt das Kinderzimmer und trinkt Kaffee.

Kann man um halb zwölf schon Bier trinken? Ist ja alkoholfrei. Macht sowieso keinen Spaß. Sie lässt es sein.

Gretel kommt zu ihr. Sie nimmt ihre Mutter fest in die Arme und fordert ihren Bruder zum sofortigen Mami-knutschen auf. Schüchtern, vielleicht auch ein bisschen verängstigt, folgt der Junge dem Befehl der fünfjährigen. Beide nehmen ihre Mutter ganz fest in den Arm und versichern ihr ihre grenzenlose Liebe. Auch, wenn sie schlechte Laune hat. Die Mutter ist gerührt und drückt ihre beiden Schätze fest an sich.

Ihr Handy klingelt. Die nächste Nachricht, die sie fassungslos macht, trifft ein. Sie hat keine Lust mehr. Sie trinkt Kaffee. Und fragt sich einmal mehr, ob Bier auch OK wäre.

Hänsel muss in der Schule Unterlagen abholen. Verkehrserziehung und die Prüfungsvorbereitung für den Probeunterricht. Da hat der Junge in den nächsten drei Wochen einiges zu tun. Er hat keine Lust mehr. Er geht Nudeln kochen.

Während Gretel sich über den Stuhl hängend „Superstrikers“ in Endlos-Schleife ansieht, beschließt die Mutter, Feierabend zu machen. Sie hat keine Lust mehr. Sie trinkt Kaffee.

Einmal mehr denkt sie über ihre Zukunft nach. So wie es ist, kann es nicht weitergehen. Nicht auf Grund des Kaffeekonsums, sondern wegen ihrer Laune. Mit fehlendem Vertrauen und Dummheit konnte sie noch nie umgehen. Da hilft auch kein Kaffee. Sie träumt sich in ihr Haus an der Küste Irlands.

Sie schläft ein. Davor hat sie die Kinder beauftragt, das Chaos in der Küche zu beseitigen, sobald sie fertig sind mit essen. Damit sind sie bereits seit fast einer Stunde beschäftigt. So ein Pfund Nudeln braucht Zeit, um verputzt zu werden. Mit ums-Aufräumen-drücken hat es natürlich nichts zu tun. Prioritäten setzen können sie.

Die Mutter ignorieren ebenfalls. Denn es dauert nicht lange, da fangen sie lautstark neben der schlafenden Mutter das Toben an. Auch dieses Donnerwetter kommt überraschend.

Die Mutter mag nicht mehr. Auch keinen Kaffee. Nicht mal mehr Bier. Sie will einfach ihre Ruhe haben. Niemanden sehen, niemanden hören.

Die Kinder befehlen Alexa, eine Geschichte zu spielen. Überraschendes Donnerwetter. Die Mutter scheint heute nicht die gleiche Sprache wie ihre Kinder zu sprechen. Sie mag nicht mehr.

Aber sie freut sich schon drauf, morgen die Kinder zu wecken. Früh zu wecken. Sehr früh. Auch das wird überraschend kommen. Wie alles, was den beiden nicht passt. Sie mag nicht mehr.





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