Der Tag beginnt früh. Und nass. Und kalt. Und am allerschlimmsten: ohne Milch.

Gretel hat gestern die Milch für ihren Kakao aufgebraucht und vergessen, es der Mutter zu sagen. Nun steht diese in der Früh verzweifelt an der Kaffeemaschine und überlegt, wie sie die Zeit, bis Hänsel aus der Schule kommt und Milch mitbringen kann, mit nur einem Kaffee überbrücken soll. Zum Glück hatte sie noch die Notfall-Kaffeesahne. Aber ein einzelner, doppelter und extra-starker, Kaffee für die nächsten drei Stunden? Das macht ihr Angst. Sie bemitleidet sich selbst.

Hänsel steigt in das Selbstmitleid ein. Er ist müde, er mag nicht aufstehen und die Mutter, die ihn immer wieder erinnert, wie spät es ist, soll endlich still sein.

So ein schöner, harmonischer Start in den Tag ist etwas wunderbares.

Die Mutter beginnt zu arbeiten. Chaos pur! Die Optimistin in ihr sieht keinerlei Chancen auf zufriedenstellende Umsetzung an allen Fronten. Und das ohne ausreichend Kaffee. Das kann was werden.

Sie kommuniziert das Dilemma sachlich. Wie immer bekommt sie eine unprofessionelle, zickige und sich auf Grund des bösen, hinterhältigen Angriffs verteidigende Antwort. Und das alles weiterhin ohne Kaffee. Die Mutter mag nicht mehr.

Mit einem Blick auf ihr Stundenkonto beschließt sie, auch nicht mehr viel zu tun. Sie lehnt sich entspannt zurück. Und hätte so gerne einen Kaffee!

Hoffentlich denkt Hänsel an die Milch. In diesem Moment endet der Unterricht. In dreißig Minuten könnten Junge und Milch zu Hause sein.

Gretel schläft immer noch. Das wird wieder ein langer Abend. Und eine Katastrophe, wenn sie bald nach zehn Wochen wieder früh aufstehen soll, um in den Kindergarten zu gehen.

Die Mutter braucht Kaffee!

Gretel wacht auf. Vollkommen unvermittelt fragt sie ihre Mutter, ob die Toten auf dem Friedhof alle in der Unterwelt sind. Außerdem wünscht sie ihnen Glück. Das brauchen sie, damit sie netter werden und fröhlich sein können. Die Mutter überlegt kurz, was ihre Tochter ihr mitteilen möchte.

Wo bleiben nur Hänsel und die Milch?

Das Drama nimmt seinen Lauf. Hänsel kommt zur Tür rein. Ohne Milch. Er zieht seine unliebsame Jeans aus, eine Shorts an und rennt in Windeseile los. Er weiß nicht, wie dringend es ist, als er fragt, ob er noch schnell was essen darf. Natürlich nicht! Die Mutter braucht Kaffee, und zwar sofort. Frühstück gibt es gleich für alle zusammen.

Im Anschluss wollen die drei testen, ob die Mutter noch Auto fahren kann. Die Fahrzeugbatterie läuft einwandfrei, fahren kann sie auch noch. Der Weg führt sie überraschend an einen See. Obwohl das Wetter nicht so sonnig ist wie die letzten Tage, haben sie Spaß. Die Kinder toben, rennen und schmeißen Steine ins kalte Wasser, während die Mutter fotografiert.

Gretel entdeckt einen toten Fisch und bleibt andachtsvoll stehen. Sie überlegt sich, was dem armen Tier passiert sein könnte und beschließt, dass seine Mutter ihn bestimmt vermisst. Dann verabschiedet sie sich von ihm und läuft weiter.

Die Mutter sitzt entspannt auf dem Steg. Die Kinder rennen. Vor ihrem inneren Auge sieht die Mutter sie schon ins Wasser stürzen. Glücklich ist sie über diesen Gedanken nicht. Sie hat keine Wechselsachen dabei und zu kalt ist es außerdem. Auf dem Heimweg müssen sie noch einkaufen. Alles in Allem keine gute Voraussetzung für einen, freiwilligen oder auch nicht, Sprung ins Wasser.

Trocken fahren sie einkaufen. Hänsel wartet im Auto, während die Mädels in Windeseile einen gefühlten Monatseinkauf machen.
Daheim angekommen räumen die Kinder den Einkauf auf, die Mutter bereitet das Abendessen zu. Fisch. Gretel schaut skeptisch. Und verschwindet in ihr Zimmer.

Hänsel bringt noch Müll runter. Und zieht sich dann ebenfalls in sein Zimmer zurück.

Die Mutter hat vollkommen den Überblick verloren, welcher Wochentag ist. Als sie realisiert, dass sie morgen frei hat, ist sie glücklich.

Als sie realisiert, dass Hänsel dennoch um acht Uhr in der Schule sein muss, ist sie traurig. Milch haben sie ausreichend gekauft. Kaffeebohnen sind auch noch da. Der morgige Tag kann kommen.

Die drei sitzen am Tisch. „Wer weiß alles?“ – „Ich, ich bin die Mutter.“ Großkotziger, fragender Blick von Gretel: „Und was weißt du alles über Pflanzen?“ – „Grrrr.“

Jetzt wird gegessen. Danach ein weiterer Versuch, die Kinder dazu zu bringen, die Küche aufzuräumen. Bier müsste auch bald mal wieder gekauft werden. Kinder umtauschen wäre auch einen weiteren Versuch wert.





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