Am Vorabend, die Kinder sollten schon lang schlafen, kommt Gretel zu ihrer Mutter. Sie ist traurig. Sie möchte endlich wieder in den Kindergarten gehen. Sie möchte wissen, wer die Einrichtung geschlossen hat und wer sie wieder öffnen darf. Sie möchte ihre Freunde sehen. Sie möchte ihre Erzieherinnen sehen. Sie möchte wieder in dem tollen Garten spielen. Die Mutter nimmt ihr kleines Mädchen in den Arm. Noch acht Mal schlafen. Wenn alles gut geht, darf sie in einer Woche in den Kindergarten. Das hält sie noch durch, das schafft sie, ist sich die Fünfjährige sicher.

Als das Mädchen wieder in ihr Zimmer zurück spaziert, erhält die Mutter eine Nachricht. Ihr Ex-Mann hat, Sonntag Abend um kurz vor zweiundzwanzig Uhr, die Vordrucke für Hänsels Schulanmeldung, Abgabefrist heute, vorbeigebracht. Was hat die Mutter doch für ein Glück, dass sie sich so wunderbar auf ihn verlassen kann und er sich so liebevoll und mitfühlend um seine Kinder und deren Belange kümmert.

Die Nacht war kurz, die Wecker klingeln früh. Der der Mutter um halb sieben, eineinhalb Stunden später Hänsels und weitere dreißig Minuten sollte auch Gretel ihre Nachtruhe beenden.

Während die Mutter fleißig arbeitet, muss Hänsel die Küche fertig machen. Am Vorabend hat er, wie recht häufig, alles stehen lassen und sich stinkig in seine Höhle verkrochen. Hilft nix, er muss trotzdem helfen. Anschließend hat er Unterricht.

Gretel hat ein Date mit ihrer Oma. Die beiden wollen der Mutter ein bisschen Zeit für sich lassen. Diese möchte sie nutzen und radeln gehen. Radeln für Erwachsene. Schnell. Ohne Ziel. Ohne Denken. Hoffentlich kommt keine Arbeit dazwischen.

Nachdem Gretel und ihre Oma los spaziert sind, absolviert die Mutter ihren Call. Mit etwas Verzögerung macht sie im Anschluss Feierabend.
Sie radelt los. Ohne Ziel, so wie sie es vorhatte. Eine Stunde und zwanzig Kilometer später ist sie wieder Zuhause und wartet auf Hänsel.
Schlecht gelaunt kommt der Junge heim. Anstatt die solo-Zeit mit seiner Mutter zu genießen, suhlt er sich in seiner miserablen Laune. Die Mutter wollte eigentlich mit den Kindern später zu deren Lieblings-Eisdiele gehen. Hänsels Stimmung trägt nicht zur Umsetzung dieses Vorhabens bei.

Er geht den Abwasch erledigen, den er auch heute morgen ignoriert hat. Die Mutter checkt ihre Mails. Und ist nun auch schlecht gelaunt, ihr verlängertes Wochenende ist abgelehnt worden. Sie geht duschen.

Danach holen Hänsel und die Mutter zusammen Gretel ab. Gemeinsam wird spazieren gegangen.

Bevor Hänsel vor lauter Hunger, er verschmähte das sommerliche Mittagessen der Mutter, umfällt, darf er beim Bäcker die Brezensucht der Kinder befriedigen. Anschließend lädt die Mutter zum Eis ein. Allerdings nicht bei der Lieblingseisdiele, da diese Ruhetag hat. Die Kinder werden es verschmerzen.

Es gibt ein Donnerwetter. Ein Donnerwetter bei Sonnenschein. Die Mutter hat ihre Mails abgerufen. Gemeinsam mit Hänsel liest sie die nicht freudige Nachricht seiner Lehrerin. Er hat abermals seine Hausaufgaben nicht erledigt. Erklären kann er es seiner Mutter nicht. Sie weiß nicht mehr, was sie noch machen soll. Sie ist enttäuscht von ihm.

Nach wenigen Minuten hat Hänsel alles, sowohl die Info der Lehrerin als auch das daraus resultierende Donnerwetter, vergessen. Er spielt.

Zuhause wird er die noch ausstehenden Hausaufgaben in Anwesenheit der Mutter erledigen. Ist ihm doch egal. Der Mutter auch. Sie hat noch Bier im Kühlschrank.

Doch es klappt überraschend problemlos. Er hat gute Laune und versichert der Mutter, dass es ein schöner Nachmittag war. Hui. Sie ist perplex. Und nimmt ihren Erstgeborenen in den Arm.

Anschließend kümmert er sich um die Küche und singt dabei sogar. Gretel malt eine Prinzessin ans Wohnzimmerfenster. Die Mutter sitzt auf dem Balkon und überlegt, ob sie versehentlich Schnaps getrunken oder Drogen genommen hat. Sie öffnet sich ein Bier.





Coaching empfehlen