Es ist dunkel. Hänsel tappst durch die Wohnung, die Mutter wacht auf. Während der Junge direkt wieder in seinen Schlaf der Pubertiere verfällt, bleibt die Frau wach. Der Wecker wird sowieso gleich die Nacht beenden.

Die Geräusche der Straße verheißen nichts Gutes. Es ist wieder nass draußen. Der Wetterbericht zeigt sechs Grad an. Brrr.

Gretel freut sich, dass sie mit dem Auto in den Kindergarten fahren werden.

Sie stehen auf. Und streiten. Hänsel hat, trotz mehrmaliger Nachfrage inklusive Bestätigung am Vorabend, seine Schulsachen nicht vollständig gepackt und sucht nun hektisch nach den fehlenden Utensilien. Die Mutter ist genervt, der Junge versteht das Problem nicht. Gretel will einfach nur weiterschlafen.

Mittags ist die Mutter erneut betrübt. Trotz zugesicherter Lieferung der Spülmaschine bis vergangenen Freitag ist sie nun erst für Dienstag terminiert. Lange genug hat die Familie ohne eine funktionierende Spülmaschine ohne Puls gelebt, seit Freitag aber ist alles für die Lieferung vorbereitet, so dass die kleine Küche quasi nicht mehr nutzbar ist. Und nun also noch einen weiteren Tag. Die Mutter brummelt missverständliche Wörter vor sich hin.

Hänsel hingegen ist fröhlich, als er nach Hause kommt. Seine erst für morgen angedachte Bestellung wartet schon heute im Briefkasten auf ihn. Sogleich packt er es aus und testet es ausgiebig. Er ist glücklich und das merkt man dem Jungen deutlich an.

Gretel schlawenzelt auf der Suche nach Nahrung um die Mutter herum. Letztendlich greift sie in den Obstkorb. Abendessen wird das Mädchen keines mehr benötigen. Die Mutter auch nicht, sie hat bereits eine riesige Portion Risotto direkt nach dem Kochen verputzt. Ob Hänsel später Hunger haben wird, wird sich zeigen. Es ist noch ausreichend im Topf.

Während Gretel nun in der Badewanne ihren Tag Revue passieren lässt, kämpft die Mutter auf der Couch gegen die Müdigkeit. Sie arbeitet ein wenig an ihrer Terminplanung. Geburtstage trägt sie ein, ehrenamtliche Treffen und Urlaubstage für das restliche Jahr. Weil das so einen Spaß macht, plant sie das kommende Jahr gleich mit dazu. Sie wird sich gut erholen können, nimmt sie an. Vorausgesetzt, es kommt nichts dazwischen.

Wie etwa ein Inzidenzwert von knapp siebzig, wie er heute zu lesen ist. Lange wird es wohl nicht mehr dauern, bis Hänsel digitalen Unterricht bekommt. Ob ihr Arbeitgeber das mitmachen wird, bezweifelt sie.

Aber die Mutter mag über derartige Horrorszenarien gar nicht weiter nachdenken.

Sie überlegt, ob sie ihre Tochter, inzwischen sicher schon eine Schrumpel-Gretel, aus dem Wasser holt. Das Mädchen spielt so schön und die Mutter genießt ihre Ruhe, weswegen sie die Kleine weiter schrumpeln lässt.

Anschließend wird noch gekuschelt, bevor es schon Bettgehzeit ist. Zumindest für die Kinder. Die Mutter wird es sich mit einer ihrer liebsten Serien auf der Couch gemütlich machen und den Tag ohne weitere Gedanken an irgendetwas ausklingen lassen. Plant sie.

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