Der Abend zieht ins Land. Hänsel zockt, Gretel schaut einen Kinder-Gruselfilm, die Mutter schläft ein.

Als sie in der Mitte des Films wieder aufwacht, folgt ein Gespräch, auf das die Mutter zwar vorbereitet war, irgendwie, aber irgendwie doch nicht.

Hänsel bittet die Mutter, nicht mehr zum Vater zu müssen. Gretels erste Reaktion besagt, dass sie dennoch ihre Papa-Wochenenden möchte.

Später, als sie schon längst schlafen soll, kommt sie zur Mutter. Das Mädchen legt sich in den Arm der Mutter und schaut sie ernsthaft an. Sie möchte die Wochenenden doch auch lieber zu Hause bleiben. Ohne ihren Bruder möchte sie nicht zum Vater.

Die Mutter ist geschockt. Nicht wirklich überrascht, aber geschockt. Fest nimmt sie ihr kleines großes Mädchen in den Arm und verspricht ihr, dass sie es sich jederzeit anders überlegen kann, wenn sie denn möchte. Möchte sie aber nicht, informiert das Mädchen überzeugt und geht zurück ins Bett.

Die Mutter bleibt ein wenig sprachlos zurück. Was ist da grade passiert?

Lange Zeit zum Grübeln bleibt ihr nicht.

23.57 Uhr. Die Mutter beginnt, am Verstand ihres Sohnes zu zweifeln. Kurz nachdem sie in den Kinderzimmern die Geschichten ausgeschaltet und die zweite Gute-Nacht-Küsschen-Runde absolviert hat, ertönt aus dem Pubertier-Zimmer ein, sie kann es kaum glauben, Wecker.

Im Gegensatz zum Vortag geht der grauenvolle Ton nicht vom Handy aus. Heute ist es das Tablet, das die Mutter ihrem Sohn am liebsten um die Ohren hauen würde.

Müde und orientierungslos fragt Hänsel seine Mama, was denn los sei. Fassungslos steht sie vor ihm, nimmt ihm beide Geräte weg und weist darauf hin, dass sie in den kommenden sieben Tagen auch keinerlei Geschichte aus seinem Zimmer hören möchte. Zudem erteilt sie dem Jungen ein ebenso langes Playstation- und Fernsehverbot. Das wird er wohl nicht so ganz verstanden haben, denn er stimmt zu.

Genervt geht die Mutter ins Bett. Sie braucht nun etwa zwei bis siebzehn Folgen einer ablenkenden Serie.

Irgendwann schläft sie ein.

Morgens wird sie mit den drei schönsten Wörtern nach „ich mach Kaffee“ geweckt: Hänsel sieht, dass seine Mutter grade aufwacht und informiert sie umgehend, dass er jetzt Kuchen backt. Welch Freude!

Gretel kommt hinzu, kuschelt ein wenig, singt ihrer Mami ein Ständchen und bereitet ihr in ihrer Arendelle-Tasse einen Kaffee zu. Anschließend geht sie ihrem Bruder helfen.

Kann denn Sonntag schöner sein?

Als der Kuchen fertig ist, setzen sich die drei gemeinsam zum Essen hin. Sie lachen, sie albern herum und sie sprechen über ernste Dinge.

Gemeinsam beschließen sie, dass die Mutter mit ihren ständigen Aufforderungen zum Kinderzimmer-Aufräumen gehörig nervt. Daher werden sie heute, so zumindest die Absprache, in Ordnung gebracht und die Mutter wird im Gegenzug nicht mehr nerven.
Eines der Kinder ist fleißig, das andere nicht so. In einem Bruchteil der Zeit hat die Mutter die beiden Badezimmer, Esszimmer, Wohnzimmer und Flur fertig. Daher soll sie sich erklären, warum sie den Kindern nicht hilft, sondern kaffeetrinkend auf der Couch verweilt.

Eine Antwort darauf gibt es nicht. Für eine hochgezogene Augenbraue aber reicht es.

Abends sind die Kinderzimmer immer noch chaotisch, die Nerven der Mutter verschwunden und die Kinder verstehen die Gründe für das ausfallende Kuschelkino nicht.

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