Die Nacht nimmt ein jähes Ende.

Es ist kurz nach halb neun, die Mutter hat noch überhaupt nicht fertiggeschlafen, als plötzlich ihr Vater in der Tür steht.

Hänsel mitsamt Roller ist verschwunden!

Sein Handy liegt wohl noch bei den Großeltern, eine Info des Jungen gibt es nicht. Später wird er behaupten, sowohl bei den Großeltern als auch in seinem Zimmer eine Notiz hinterlegt zu haben, jedoch sind beide nicht auffindbar.

Völlig neben sich stehend stottert die Mutter ihrem Vater die üblichen Spielplätze entgegen, zu denen der Junge normalerweise gerne geht.

Neben sich stehend zieht die Mutter sich an, als das Telefon klingelt.

Der Opa hat das Kind gefunden, ob sie ihn vom Spielplatz abholen möchte. Grade als sie die Jacke anzieht, draußen ist es kalt und nass, bekommt sie einen weiteren Anruf. Der Opa bringt den Jungen.

Geistig immer noch nicht auf der Höhe macht sich die Mutter einen Kaffee. Zumindest erteilt sie den Befehl. Die Maschine zickt. Sie möchte entkalkt werden. Zefix, ausgerechnet jetzt.

Hänsel und sein Opa kommen nach Hause. Sie reden miteinander, bevor der Opa den Jungen wieder mit zu sich nimmt.

Die Mutter nimmt sich der Kaffeemaschine an. Zum Mittagessen wird sie ihre Kinder abholen. Weder ein Gerät zum Abspielen von Geschichten, noch der Fernseher oder die Konsole werden sich zu diesem Zeitpunkt noch im Pubertier-Zimmer befinden.

Traurig überlegt die Mutter, dass diese Nacht wohl die letzte war, in der beide Kinder nicht zuhause waren. Zumindest würde sie die Verantwortung für den Jungen nach dieser Aktion so schnell nicht mehr übernehmen wollen. Dass Gretel alleine woanders übernachtet, ist eher unwahrscheinlich.

Nach drei langen Stunden des Entkalkens ist die Kaffeemaschine endlich wieder einsatzbereit. Eine halbe Stunde bevor die Mutter sich auf dne Weg zum Mittagessen machen muss.

Wäre sie doch nur wie geplant zu Pubertätsbeginn in den mehrjährigen Urlaub gefahren, so wie sie es vorhatte. Die Anzeichen waren so eindeutig. Nun darf sie nicht mehr verreisen, es herrscht überall Beherbergungsverbot.

Immerhin bekommt sie gleich ein warmes Mittagessen. Und danach einen weiteren Kaffee.

Sie ist müde. Nicht nur körperlich. Sie hat Kopfschmerzen. Sie hat keine Lust mehr auf diese ganzen Scherereien. Sie würde gerne schlafen. Etwa sechs Wochen lang. Zum Weihnachtsessen kurz wach sein und dann geht’s weiter bis März mit dem Winterschlaf.

Stattdessen macht sie sich auf den Weg zum Mittagessen.

Mit den Kindern und tatsächlich einer weiteren Verabredung zur Übernachtung im Gepäck macht sich die kleine Familie zwei Stunden später auf den Heimweg. Auf den angedachten Spaziergang hat die Mutter keine Lust mehr. Sie ist müde. Draußen ist es ungemütlich. Die Couch ruft.

Hänsel bearbeitet seine Strafe, hat auch noch Spaß daran. Anschließend toben die Kinder durch die Wohnung. Die Mutter bereitet Plätzchenteig vor, sie braucht Zucker. Später stechen die Kinder Kekse aus.

Die Mutter hofft, den Abend trotz kindlicher Zuckerflashs unbeschadet zu überstehen. Hoffnung hat sie wenig.

Vielleicht sollte die mal die Schlüssel für die Zimmer suchen?

Immerhin hat sie noch ein Bier im Kühlschrank.


Coaching empfehlen