„Bibi Blocksberg, die kleine Hexe, kann so manches, wovon ihr träumt, und sie wird euch immer helfen, denn sie ist euer bester Freund!“

Die Mutter wacht auf. Es ist dunkel draußen. Ein Blick auf die Uhr verrät, es ist halb drei. Nachts. Aus dem Kinderzimmer dröhnt in voller Lautstärke das Intro zu Bibi Blocksberg. Wer davon noch nicht aufgewacht ist, wird es spätestens durch die Ansage der Mutter, ob ihr Sohn denn von allen guten Geistern verlassen wäre. Wenn er nicht schlafen will, schön, sie aber schon. Genervt befiehlt das Kind der Alexa im Nachbarzimmer, leiser zu werden.

Seine eigene hat die Mutter am Tag zuvor konfisziert. Da er vieles ist, aber gewiss nicht dumm, gibt er nun seine Sprachbefehle an das Gerät seiner Schwester weiter. Die Mutter ist fassungslos. Und müde.

Sie geht zurück ins Bett. Dort wartet Gretel schon auf sie. Seit wann ist das Mädchen da? Lag sie beim Aufstehen vor wenigen Minuten auch dort? Während die Mutter noch ein wenig grübelt, schlingen sich zwei Ärmchen um ihren Hals. Dem friedlichen Atmen ihrer Tochter lauschend schläft auch sie bald wieder.

Trotz des nicht gestellten Weckers und der nächtlichen Aufregung wacht die Mutter früh auf. Ausgeschlafen fühlt sich anders an, aber sie genießt die Ruhe.

Hänsel wird heute spontan erfahren, wann er zu seinem Vater darf. Die Mutter hat einen Anruf zu erledigen und dann gehen die Mädels das Osternest abholen. Gretel freut sich schon sehr, ihre Erzieherin wieder zu sehen. Inzwischen ist es fast sechs Wochen her, so lange war sie noch nie nicht im Kindergarten. Das Kleid, das sie anziehen möchte, hat sich das Mädchen schon zurechtgelegt. Die Mutter wird den Weg endlich wieder zum Joggen nutzen, so lautet zumindest der Plan. Danach soll geradelt werden.

Gretel wacht auf. Nach der ersten Kuscheleinheit sind die Mädels in Ärgerlaune. Sie begrüßen Hänsel über Alexa, werden aber ignoriert. Also fahren sie die Lautstärke hoch und spielen Hänsels Lieblingssänger ab. Gut gelaunt singt Mark von den Ländern dieser Welt, während Hänsel die arme Alexa anschreit, sie möge endlich Ruhe geben.

Ein Grundstein für gute Laune bei dem Jungen war es definitiv nicht, ein Spaß dennoch.

Bevor Hänsel zu seinem Vater fährt, steht eigentlich die Küche auf dem Plan. Macht er aber wieder nicht. Klammheimlich schleicht er sich aus der Wohnung. Dass sein Vater der Mutter Bescheid gesagt hat, damit rechnet er nicht.

Die Mutter absolviert ihren Call, als Gretel bitterlich zu weinen beginnt. Ihr Einhorn-Tattoo, das sie sich auf den Arm kleben wollte, ist in den Abfluss gefallen. Die gesamte TelKo leidet mit dem Mädchen, während die Mutter dem Einhorn zu Hilfe eilt. Sie kann es retten, das Mädchen ist überglücklich.

Als die Mutter ihren Call beendet hat, ist das Mädchen startklar. Wiederholt erkundigt sie sich bei der Mutter, wann sie denn endlich in den Kindergarten fahren können. Gleich. Doch nichts mit Joggen.

Die Erzieherin öffnet die Tür. Das kleine Mädchen strahlt über das ganze Gesicht. Das große auch. Die beiden unterhalten sich, bevor Gretel entscheidet, lieber auf dem Parkplatz zu toben. Die Mutter plaudert ein wenig mit der Erzieherin und erfährt, noch inoffiziell, dass ihre Entscheidung, die ihr vor Wochen so schwerfiel, richtig war. Die Bestätigung darüber wird sie in einigen Tagen im Briefkasten finden. Erleichterung macht sich breit. Und auch Gretel freut sich, als sie es auf dem Heimweg erfährt.

Nach einer Runde voller Erledigungen kommen die Mädels daheim an. Eigentlich wollten sie nur kurz was trinken und dann radeln. Als sie aber in die Wohnung kommen, entscheidet sich die Mutter um. Sie erträgt die Müllhalde, für die sie einen Mietvertrag unterschrieben hat, nicht mehr und fängt das Aufräumen an. Gretel hilft ihr fleißig und gerne.

Hänsel kommt nach Hause. Ohne eine Begrüßung verschwindet er in seinem Zimmer. Dass er erst vor zehn Minuten seinem Vater versprochen hat, der Mutter zu helfen, ist gänzlich aus seinem Kopf verschwunden. Er holt sich etwas zu essen und schreit Alexa an, dass sie nicht so laut sein soll. Laune scheint ausgezeichnet zu sein.

Die Mutter geht weiter aufräumen. Gretel sichert ihr zu, den Balkon zu übernehmen. Hoffentlich behält das Mädchen diese Eigenschaft bei. Hoffentlich äußert sich die Pubertät bei dem Mädchen später nicht so wie bei ihrem Bruder. Hoffentlich aber auch nicht wie bei ihrer Mutter. Am besten wäre es, Gretel würde einfach so bleiben wie sie jetzt ist. Mommy’s little girl. Die Mutter hat wenig Hoffnung, hatte sie den Wunsch bei Hänsel doch auch einige Jahre zuvor.

Das Telefon klingelt.

Die Eltern der Mutter mobben ihre Erstgeborene grauenvoll ob ihres bevorstehenden Ehrentages. Sogar die Kinder wollen sie in ihren fiesen final countdown mit hineinziehen. Gretel aber kann es nicht mehr hören, sagt sie. Also singen die Eltern alleine. Die Mutter freut sich, eine so liebende Familie zu haben. Zum Glück müssen sie Abstand zu ihr halten. Auf eine Einladung können sie lange warten. Auch noch nach der Kontaktbeschränkung. Aber dessen sind sie sich bewusst. Das ist OK für sie. Liebe wird in der Familie groß geschrieben.

Jetzt wird erst einmal weiter aufgeräumt.





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