Auch an diesem Tag wachen die Mädels nahezu gleichzeitig auf. Sie kuscheln miteinander und Gretel ist beeindruckt, dass sie das Herz ihrer Mama schlagen hört und spürt. Sie unterhalten sich eine Weile, bis das Mädchen sich einen Kakao möchte.

Hänsel ist schon länger wach. Er spielt im Zimmer seiner Schwester, bevor er sich zu seinen Mädels gesellt. Nach einer kurzen und prägnanten Unterhaltung bringt er seiner Mama einen Kaffee. Schon jetzt handelt er mit seiner Schwester aus, dass sie sich um den nächsten Kaffee zu kümmern hat.

Draußen scheint die Sonne und es steht Radfahren auf dem Plan. Auch eine Spielplatz-Anfrage liegt vor, so dass später der Familienrat entscheiden wird.

Die Mutter liest Nachrichten. Der Inzidenzwert liegt inzwischen bei knapp 120, den vierten Tag in Folge hat er den magischen Wert von 100 überschritten. Für die nächste Woche wird daher wohl die Kinderbetreuung ausgesetzt werden und auch die Fortführung der neuen, eingeschränkten Normalität nach den Ferien ist ungewiss. Alles deutet auf Notbetreuung im Kindergarten und Distanzunterricht in der Schule hin. Sie macht sich den nächsten Kaffee selbst.

Hinzu kommt eine weitere Nachricht, die Unruhe in die Familie bringt. Der Vater der Kinder fragt, ob die beiden ihn sehen möchten. Einmal mehr stellen sowohl Hänsel als auch Gretel klar, dass die Mutter sie mit diesem Menschen in Ruhe lassen soll. Sie werden schon sagen, wenn sie ihn wieder sehen wollen, bis dahin möchten sie nichts von ihm hören. Die Mutter sieht die beiden an und fragt sich, wie sehr der Vater sie verletzt haben muss, dass sie so auf ihn reagieren. Sagen braucht sie es ihm nicht, er würde es auch dieses Mal nicht glauben. So setzt sie ein trauriges, falsches Lächeln auf und beendet das Thema.

Gretel malt, Hänsel futtert den Kühlschrank leer. Aus dem 14-tägigen Einkaufsrhythmus wird die Mutter wohl einen Zehntagesturnus machen müssen, um den Hunger ihres Sohnes stillen zu können.

Den ersten Teil des Tages verbringen sie jeder für sich. Hänsel hat ein kurzes Date, Gretel malt ihrer Freundin ein Bild und die Mutter bespricht Zukunftspläne und trifft eine Entscheidung. Diese teilt sie Hänsel nach seiner Rückkehr mit und freut sich sehr über seine Unterstützung.

Anschließend bereitet Gretel eine Brotzeit vor, damit sie den Nachmittag entspannt auf dem Spielplatz verbringen können. Der Familenrat hat entschieden.

Vorher möchte Gretel der Mutter gerne noch einen Spaziergang schenken. Hänsel zieht sich zurück. Er möchte nicht mit, er räumt lieber auf. Die Mutter ist irritiert, lässt ihn aber gewähren und ist gespannt, ob er tatsächlich Ordnung geschaffen haben wird, wenn Gretel und sie abends wieder nach Hause kommen.

Der Flur erscheint ordentlich. Dass der Rest, insbesondere die Küche, noch im altbekannten Chaos glänzt, erwähnt die Mutter nicht. Die drei nehmen ihr Abendessen ein und machen Quatsch, bevor die Kinder in die Küche geschickt werden. Schimpfend räumen sie ihr eigens fabriziertes Elend auf.

Abends hat die Mutter noch einige Dinge zu erledigen. Dass für sie am nächsten Morgen wieder früh aufstehen angesagt sein wird, macht das Ganze nicht entspannter, weswegen sie die Kinder in ihre Zimmer schickt und selbst bis nach Mitternacht an ihren Aufgaben sitzt. Laut den Medienmeldungen für ihre Region wohl zum vorerst letzten Mal.


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